Probier’s mal mit Bescheidenheit – Eine Empfehlung an HR

Die HR-Funktion und -Szene beschäftigt sich viel mit sich selbst. Welche Rolle HR hat, haben sollte und haben will, wird regelmäßig leidenschaftlich diskutiert. Viele Selbstzweifel entspringen einem häufig erlebten HR Bashing durch “das Business”, das chronisch unzufrieden zu sein scheint mit der Leistung der Personalabteilung. Die Vorwürfe sind Behäbigkeit, Langsamkeit und ein fehlendes Verständnis für die Bedürfnisse des Business. Daraus wird in Rezeption der Arbeiten von Dave Ulrich die Konsequenz gezogen, dass HR zum echten “Business Partner” werden muss.

Die Partnerschaft zum Business ist in der Praxis aber nicht selten eine Bevormundung oder Belehrung des Business. Das erlebt dann einen “Partner” der ihm sagt, dass es nichts von Menschen verstehe, dass aber ohne Menschen das Business nicht laufe und es deswegen mal lieber HR machen lassen solle. Neuerdings äußert diese HR Hybris sich in dem Anspruch, Vorreiter in der digitalen Transformation zu sein. Warum bitte sollte ich mich als HRler plötzlich mit der digitalen Transformation auskennen? Und zwar besser als mein Business? Es kommt bestimmt sehr gut an, wenn ich morgen zum CEO gehe und sage: “CEO, ich glaube, Sie unterschätzen die digitale Transformation total! Ich habe da mal eine hundertseitige Präsentation vorbereitet, was wir tun müssen, um gewappnet zu sein.” Einen solchen Partner braucht kein Mensch. Schon gar nicht das Business, das ihn schließlich bezahlt.

HR kann extrem wichtige Beiträge leisten. Wenn sie gewollt sind. Nur, wenn sie gewollt sind. Daher: Probier’s mal mit Bescheidenheit!

HR ist per se eine Unterstützungsfunktion. Immer. Mit HR verdient man kein Geld. Das macht die Funktion nicht unwichtig oder wertlos. Aber es macht bestimmte Rollen für HR unmöglich. Ich verfolge da gerne die Strategie der Schubladenkonzepte. Trends erkennen – ja. Lösungen finden – ja. Lösungen aufdrängen – auf keinen Fall! Die bleiben schön in der Schublade, bis der CEO sagt: “HR, ich glaube, wir haben da echt ein Problem… Was machen wir jetzt bloß?”

Marcus K. Reif bringt es so auf den Punkt: “Erst wenn unsere Kunden das Gefühl haben, dass die Herausforderungen und Aufgaben auf ihrer Seite nach einem guten Dialog mit HR klarer, kleiner und managebar geworden sind, haben wir es geschafft!”

Aber würde die Strategie der Schubladenkonzepte nicht bedeuten, das Business wider besseren Wissens ins offene Messer laufen zu lassen? Ja. Doch was ist die Alternative? Solange das Business nicht selbst auf mich zukommt und nach Lösungen fragt, wird es auch meine Zwangsberatung nicht akzeptieren – und damit erst recht die Fehler machen, die ich zu verhindern wüsste. Ob es meine Beratungsangebote nutzt oder nicht, kann ausschließlich das Business selbst entscheiden. Das vergisst HR, wenn es sich die Frage der Selbstpositionierung stellt. Statt innerhalb der Szene zu grübeln, was dem Business nutzen könnte, sollten HRler dem Business vor allem zuhören. Das Business ist Kunde. Und es ist immer der Kunde, der entscheidet, ob er bestimmte Leistungen einkauft. Nur der Kunde. Das sollte HR bewusst sein.

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